Zusätzlich zu Aphasien und sprechmotorischen Störungsbildern können bei neurologischen Erkrankungen auch Sprach- und Kommunikationsstörungen auftreten, die sich erst auf „höherer“ sprachlicher Ebene wie beim Verstehen oder Produzieren von Texten zeigen. Für die Diagnostik dieser Symptome auf makrostruktureller Ebene wurde das Screeningverfahren MAKRO entwickelt. MAKRO kann zur Diagnostik bei kognitiven Kommunikationsstörungen, aber auch ergänzend zur sprachstrukturellen Diagnostik von primär aphasischen Sprachstörungen eingesetzt werden. MAKRO ist damit das erste psychometrisch untersuchte Screeningverfahren im deutschsprachigen Raum, das zur Diagnostik der Textverarbeitung eingesetzt werden kann und zugleich auch Implikationen für die Therapieplanung bietet.
Die Testkonstruktion von MAKRO baut auf psycholinguistischen Texttheorien (z.B. nach van Dijk & Kintsch) auf, die von unterschiedlichen Verarbeitungsschritten in Verstehen und Produzieren von Texten ausgehen. Das Diagnostikmaterial wurde daher danach differenziert, welche makrostrukturellen Teilfunktionen in den jeweiligen Untertests des Verfahrens schwerpunktmäßig gefordert sind.
MAKRO besteht aus vier Untertests: Textrezeption, Textproduktion, Inferenzen und prozedurale Sequenzen. In diesen vier Testbereichen werden die Teilprozesse Selektieren, Sequenzieren und Inferieren von Propositionen in unterschiedlicher Gewichtung geprüft.
Reliabilität: Paralleltestreliabilität für den Gesamtscore (0.78, p < 0.001) gemessen im Cross-Over-Design bei 30 Probanden. Retestreliabilität für die 4 Untertests (Textrezeption, Textproduktion, Prozedurale Sequenzen, Inferenzen) zwischen r = 0.91 bis r = 0.99. Auswertungsobjektivitität: Interrater-Reliabilität für die 4 Untertests von 0.87 bis 1.0 (Kendalls-W, p = 0.001). Die Reliabilitätskoeffizienten der einzelnen Aufgabentypen liegen zwischen 0.802 und 0.871; (Cronbachs-Alpha).
Das Verfahren zeichnet sich neben einer hohen Inhalts- und Augenscheinvalidität durch eine hohe Kriteriumsvalidität aus. Hier zeigen sich zwischen dem MAKRO-Gesamtscore und den Ergebnissen des FIM-Scores (Kommunikation) hoch signifikante Korrelationen mit r = 0.87. Berücksichtigt man in der Auswertung nach Punkten zusätzlich noch die qualitative Analyse nach Fehlerart und die Bearbeitungsdauer, liegt eine Sensitivität von 81.8% und eine Spezifizität von 100% vor.
Für das Verfahren liegen zum einen Normen von gesunden Personen zwischen 18 und 85 Jahren (N = 172) vor; zusätzlich zum bildungsgradabhängigen Cut-Off-Score besteht die Möglichkeit, den Schweregrad der makrostrukturellen Störung zu bestimmen (Prozentränge und Stanine-Werte, N = 72 neurologische Patienten mit kognitiven Kommunikationsstörungen) sowie eine erhöhte Bearbeitungsdauer für den jeweiligen Altersbereich zu erkennen.
Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für den Gesamttest beträgt ca. 45 bis 60 Minuten; alle Untertests können auch separat durchgeführt werden.
In Anwendung seit 2018.
2018