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Postkorb „OfficeMail“

Postkorbaufgaben können leistungskritische, kognitive Aspekte des Arbeitsverhaltens von Führungskräften und Managern erfassen. Wegen ihrer hohen Augenscheinvalidität erfahren sie gleichermaßen große Zustimmung bei Bewerbern und Entscheidern. In der Postkorbaufgabe „OfficeMail“ bearbeiten die Teilnehmer ein E-Mail-Postfach und sind dabei mit typischen und alltäglichen Aufgaben einer Führungskraft konfrontiert.

Wir haben mit dem Autor, Dr. Walter Lieberei, über das Verfahren gesprochen.

Wie funktioniert "OfficeMail"?

Dr. Lieberei, mit „OfficeMail“ kann das komplexe Problemlöseverhalten erfasst werden. Wie funktioniert das?
Das Lösen komplexer, vernetzter Problemstellungen unter dynamischen Rahmenbedingungen wird mehr denn je als eine zentrale Herausforderung für Führungskräfte angesehen. Bei „OfficeMail“ wird dieses Anforderungsszenario im Kern durch 19 E-Mails realisiert, die inhaltlich miteinander verknüpft sind und teilweise durch weitere Anhänge ergänzt werden. Komplettiert wird dieses Szenario durch praxisübliche Hilfsmittel (Terminkalender, Organigramm etc.).

Bei der Auswertung der Ergebnisse ist daher die Kompetenz „Komplexes Problemlöseverhalten“ vorrangig. Für eine differenzierte Betrachtung können dann zusätzlich die Kompetenzen

• „Analyseverhalten“,
• „Organisations- und Planungsverhalten“ sowie
• „Entscheidungsverhalten“ hinzugezogen werden.

Welche Vorteile hat der Postkorb gegenüber klassischen Intelligenz- oder Wissenstests?
Intelligenz und (kontextspezifisches) Wissen können als Voraussetzung sowohl des Problemlösens als auch der beruflichen Leistung angesehen werden. Obwohl das Konstrukt „Intelligenz“ nachgewiesenermaßen ein valider Prädiktor für den Berufserfolg ist, finden Intelligenztests in deutschen Unternehmen, vor allem in der Management-Diagnostik, aufgrund ihrer mangelnden Augenscheinvalidität nach wie vor nur geringe Akzeptanz. In diesem Punkt weisen simulationsorientierte Verfahren wie „OfficeMail“ durch ihren Anforderungsbezug klare Vorteile auf – auch gegenüber eventuellen Wissenstests. Denn durch sie fühlen sich Stellenbewerber im Auswahlprozess für Führungsfunktionen schnell „ausgefragt“, was einen negativen Einfluss auf die Attraktivität und Professionalität des Unternehmens als Arbeitgeber haben kann.

Für welche Fragestellungen eignet sich „OfficeMail“ besonders?
Grundsätzlich kann „OfficeMail“ zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, wenn es um die Eignung von Führungs- und Führungsnachwuchskräften geht (im Regelfall für die Unternehmensebenen Team- oder Abteilungsleitung). Als Komponente in einem Auswahlprozess (z. B. Assessment Center oder Strukturiertes Auswahlinterview plus Testverfahren) erlaubt „OfficeMail“ dann näheren Aufschluss über analytische, intellektuelle oder kognitive Stärken oder Entwicklungsbereiche im Eignungsprofil der Bewerber. Typischerweise tauchen solche Fragestellungen bei der Personalauswahl, der Personalentwicklung oder in der Berufsberatung (inkl. Out- oder Newplacement) auf.

Der Unterschied zwischen der Online- und Paper-Pencil-Version

Im elektronischen Postkorb können neben dem E-Mail-Postfach auch ein Kalender und ein Organigramm geöffnet werden.

„OfficeMail“ ist auch als Online-Version erhältlich. Was sind die wichtigsten Unterschiede zur Paper-Pencil-Version?
„OfficeMail“ wurde primär für den Online-Einsatz entwickelt und evaluiert. Als elektronischer Postkorb wird es am PC bearbeitet und kann alle entsprechenden Vorteile von diesem Modus ausspielen (ohne Fachpersonal durchführbar, sofortige Ergebnisbereitstellung ohne Datenverlust etc.). Allerdings sind nicht immer die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen zum Online-Einsatz für Unternehmen oder externe Berater gegeben. Deshalb besteht bei „OfficeMail“ die zusätzliche Option, das Verfahren auch als Paper-Pencil-Version durchzuführen. In diesem Fall liegen alle erforderlichen Unterlagen inhalts- und strukturanalog in Papierform vor (Unternehmensbeschreibung, Organigramm, Schriftstücke, Auswertungsmaterialien etc.). Im Unterschied zur Online-Version benötigt man bei der Paper-Pencil-Version für die Auswertung jedoch diagnostisches Personal. Die für die Auswertung benötigte Zeit beläuft sich pro Teilnehmer auf ca. 10 Minuten.

Im „Narrativen Report für Bewerber“ wird das Ergebnis grafisch dargestellt und ausführlich erklärt.
Im Standardreport für Diagnostiker werden exakte Normwerte angegeben und grafisch veranschaulicht.

Wie sieht eine typische Auswertung aus?
Als Online-Version wird „OfficeMail“ über das Hogrefe Testsystem (HTS) ausgewertet und bietet praxisübliche Normwerte (T-Werte, SW-Werte, Stanine-Werte, Prozentränge) für die primäre Skala „Komplexes Problemlöseverhalten“ und die drei sekundären Skalen „Analyseverhalten“, „Organisations- und Planungsverhalten“ sowie „Entscheidungsverhalten“. Die Ergebnisse sind getrennt aufbereitet in einem „Standardreport für Diagnostiker“ und einem „Narrativen Report für Bewerber“. Die zentralen Kennwerte sind zusätzlich als Grafiken visualisiert.

Als Paper-Pencil-Version kann „OfficeMail” standardisiert und transparent mittels Auswertungsbogen sowie anschließender Transformation der Punktwertsummen in Normwerte (anhand von Normtabellen) ausgewertet werden. Das entsprechende Tabellenwerk umfasst SW-Werte, Stanine-Werte sowie Prozentränge.

Dr. Walter Lieberei

Selbstständiger Berater, Trainer und Coach mit jahrelanger Erfahrung in der Personalauswahl und -entwicklung von Führungskräften und Mitarbeitern. Ferner berät er Unternehmen bei der Organisationsdiagnostik und Organisationsentwicklung sowie der digital-agilen Transformation.  

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