Sie nennen 6 Themen, die entscheidend sind für die hybride Arbeitswelt, welche sind das?
Das erste Thema ist die innere Haltung: Unser „Mindset“. Wir haben zu allen großen Themen in unserem Leben eine Grundeinstellung und diese steuert unbewusst die meisten unserer Handlungen. Eine Einstellung bekomme ich nicht nur, indem ich einen Text oder ein Buch lese, sondern es entwickelt sich durch Hören, durch Sprechen, durch Lesen, aber auch vom Durchleben und vor allem durch Bewerten von Situationen. Führungskräfte sollten sehr achtsam sein, wie sie einzelne Erfahrungen im hybriden Arbeitsmodus bewerten und abspeichern. Sie sollten sich intensiv damit auseinandersetzen, was für einen inneren Bewertungsmodus sie haben. Leider können einige wenige ungute Erfahrungen in einer frühen Phase das ganze Mindset beschädigen.
Ich bitte unsere Führungskräfte in Seminaren, Workshops und Coachings immer erst einmal an die eigene Einstellung zu hinterfragen. Ich lade zur Reflexion ein und erlebe, dass es für viele spannend ist zu erkennen, dass sie immer eine Wahl in der Bewertung haben. Wir haben Mindsets in Religion, in politischen Haltungen, in Familie usw. Genauso bedarf es jetzt eines ressourcenorientierten Mindsets für das hybride Arbeiten, damit wir damit möglichst gut damit arbeiten. Es klingt etwas feinstofflich, aber im Gehirn bildet sich eine Haltung ganz konkret als neuronales Netzwerk ab. Es hat also eine biologische Repräsentanz.
Nummer 2: Soziale Resonanz. Der Mensch ist und bleibt ein soziales Resonanzwesen. Gerade, wenn wir hybrid arbeiten, ist diese soziale Resonanz eine Art Grundnahrungsmittel für die Seele. Ich habe im Buch ausführlich beschrieben, wie wir soziale Rituale neugestalten müssen, damit der soziale Kontakt nicht leidet. Es wird künftig mehr auf die Qualität als auf die Quantität des sozialen Miteinanders ankommen.
Nummer 3: Arbeitsorganisation. Wir müssen lernen, Arbeit neu und situationsgerecht zu organisieren: Dazu brauchen wir mehr Kollaboration und Abstimmung in den Teams. Schlechte Arbeitsorganisation macht nachweislich krank! Aber: Es ist nicht die Führungskraft, die allein für die Arbeitsorganisation zuständig ist. Organisation darf nicht mehr „top down“, sondern sie muss „bottom up“ entwickelt werden: Die Mitarbeitenden müssen involviert sein, sie sollten ihre Arbeitsorganisation mitgestalten dürfen.
Nummer 4: Kommunikation. Sie war schon immer ein Thema in der Arbeitswelt. Im hybriden Arbeitsmodus ist Kommunikation deutlich anspruchsvoller, allein aufgrund der Vielzahl der Kommunikationskanäle. Es ist Führungsverantwortung, die Kommunikationsformen noch einmal neu zu überdenken: Wann nutze ich welches Medium? Durch das falsche Medium kann viel Energie verloren gehen und es kann zu Missverständnissen kommen, die tatsächlich auch krank machen können. Wenn ich ein digitales Meeting abhalte, dann braucht es klare Regeln: Kamera an, alle müssen zu Wort kommen können, es gibt eine Agenda, ein*e Moderator*in kennt sich mit den digitalen Tools aus und begleitet das Meeting professionell, etc..
Nummer 5: Resilienz. Es gilt fürs analoge genauso wie fürs digitale Arbeiten: Der Anspruch an Arbeit hat sich sehr verändert. Es nutzt nichts zu beklagen, dass alles komplex, unsicher und volatil ist. Wir müssen Möglichkeiten finden, wie wir dieser komplexen Welt begegnen können. Widerstandsfähigkeit zu entwickeln, ist eine organisationale Aufgabe, eine Teamaufgabe und eine persönliche. Die persönliche Resilienz zu stärken, können Sie sofort und ohne Beteiligung anderer in Angriff nehmen. Für die Team– und Organisationsresilienz brauchen Sie den Arbeitgeber und zwingend die Führungskraft. Führungskräfte brauchen ein besonderes hohes Maß an Resilienz, denn die meisten müssen dem Druck von oben und von unten angemessen begegnen können.
Schließlich Nummer 6: Gesundheit der Führungskraft selbst. Führungskräfte handeln häufig auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit. Sie stellen nicht selten eigene Bedürfnisse zurück zugunsten beruflicher Aufgaben. Aber der Körper vergisst nichts und viele erhalten die Rechnung dafür erst in der zweiten Lebenshälfte, z.B. mit Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Herz-Kreislaufproblemen oder anderen Funktionsstörungen und Krankheiten. Anzuerkennen, dass ich eine gute Führungskraft sein kann und trotzdem auf meine eigenen Bedürfnisse achten kann und muss, ist eine wichtige Erkenntnis, die in praktisches Handeln umgesetzt werden muss.