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Der neue Intelligenz-Struktur-Test 5 (IST 5)

Der Intelligenz-Struktur-Test gehört zu den verbreitetsten Verfahren für die Intelligenzdiagnostik in Deutschland. Seit der Erstpublikation vor 70 Jahren wurde das Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt und liegt nun in aktueller Auflage als IST 5 vor. 

Wir haben mit den Autoren Professor Beauducel und Professor Brocke über den IST 5 gesprochen.

Intelligenz Struktur messen mit dem neuen IST-5 junge Menschen in Gruppe Test ab 16 Jahren Bild ©shutterstock / Jacob Lund

Bereits seit 70 Jahren werden der IST bzw. die verschiedenen Revisionen des Verfahrens für die Intelligenzdiagnostik eingesetzt. Woran liegt es, dass sich dieser Test über eine so lange Zeit erfolgreich am Markt halten konnte?

Der IST war einer der ersten deutschsprachigen Intelligenztests, mit dem nicht nur die Allgemeine Intelligenz, sondern auch eine Intelligenzstruktur gemessen werden konnte. Die Erfassung der Allgemeinen Intelligenz sowie einer Intelligenzstruktur erlaubt eine differenzierte Berücksichtigung der in verschiedenen Anwendungsfeldern jeweils relevanten Intelligenzaspekte. Die flexible, differenzierte Intelligenzmessung wird auch durch den modularen Aufbau unterstützt. So kann man bei Bedarf einen Schwerpunkt auf die Messung verbaler, numerischer und figuraler Intelligenz legen, Merkfähigkeit einbeziehen, oder aber allgemeinere Konstrukte wie fluide und kristallisierte Intelligenz erfassen. 

Die kontinuierliche Verfahrenspflege hat sicherlich auch zur Beliebtheit des IST beigetragen. Der IST wurde nach seiner aufwändigen Entwicklung mehrmals überarbeitet, kontinuierlich weiterentwickelt und an den aktuellen Forschungsstand angepasst (z.B. Entwicklung paralleler Testformen, Einführung des Erweiterungsmoduls Wissen und der Faktoren kristallisierte und fluide Intelligenz etc.). Dabei wurden stets auch angemessene Gütekriterien erreicht.

Für welche Fragestellungen kann der IST 5 eingesetzt werden?

Aufgrund des modularen Aufbaus und der vielfältigen Skalen kann der IST 5 in ganz verschiedenen Kontexten eingesetzt werden; beispielsweise

  • in der Schulpsychologie (z.B. Schulfähigkeit),
  • in der Klinischen Psychologie (z.B. klassische Intelligenzdiagnostik),
  • im Personal-Management (z.B. Eignung),
  • in der Berufswahl und Berufsberatung.

Um den Aufwand in Personalauswahlverfahren mit sehr vielen Bewerber*innen möglichst gering zu halten, kann man mit dem sehr ökonomischen IST-Screening eine Vorauswahl durchführen. Die genauere Ermittlung der Eignung mit Hilfe der Module des IST 5 kann dann auf die vorausgewählten Bewerber*innen beschränkt werden.

Welche Vorteile bietet der IST 5 in der Anwendung gegenüber anderen Intelligenztests?

Im Vergleich zu konventionellen Intelligenz-Kurztests bietet der IST 5 den Vorteil, dass man die Genauigkeit und Breite der Messung gezielt ausbauen kann. Viele Kurztests verwenden nur einen einzigen Aufgabentyp. Wer mit dem Aufgabentyp nicht zurechtkommt, erhält möglicherweise zu Unrecht einen niedrigen IQ zugewiesen. Demgegenüber hat der IST 5 für die verbale, die numerische und die figurale Intelligenz jeweils drei Aufgabentypen, sodass die Messung nicht vom Verständnis eines einzelnen Aufgabentypens bzw. einer einzelnen Instruktion abhängt. Gegenüber anderen verfügbaren Intelligenzstrukturtests hat der IST 5 den Vorteil, dass er Testökonomie mit der Messung von Intelligenzdimensionen verbindet, die die in der Forschung am besten ausgewiesenen Intelligenzmodelle repräsentieren. Diese Intelligenzdimensionen werden im hierarchischen Protomodell der Intelligenz zusammengeführt. Die explizite theoretische Grundlage des Tests auf dem neuesten Stand der Forschung ist ein weiterer Vorzug. Darüber hinaus sind folgende Merkmale für die Anwendung von Vorteil:

  • modularer Aufbau: Möglichkeit, nur interessierende Module (Grundmodul, Erweiterungsmodul, Merkfähigkeit) einzusetzen, dadurch ökonomisch
  • Vielfalt an Aufgabentypen
  • drei echte Parallelformen 
  • weiter Altersrange von 15 bis 60 Jahren

Viele Diagnostiker*innen kennen noch den Vorgänger I-S-T 2000 R. Was wurde beim IST 5 gegenüber dem Vorgänger verändert?

Eine besonders relevante Veränderung ist die Entwicklung einer weiteren, neuen, echten Parallelform für das Grundmodul (zur Messung verbaler, numerischer und figuraler Intelligenz). Daneben wurden auch folgende Aspekte der Testpflege bearbeitet: 

  • Aktualisierung des Wissenstests 
  • vollständige Neunormierung sowie neue Untersuchungen zu Güterkriterien
  • Überarbeitung und Aktualisierung des Manuals

Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung des IST 5?

Die größte Herausforderung bei der Entwicklung des IST 5 bestand in der Entwicklung der 180 neuen Items für die neue Grundmodulparallelform. Da die figuralen Matrizenaufgaben von besonderer Bedeutung für die Messung der Intelligenz sind (insbesondere für die fluide Intelligenz), wurde die Neuentwicklung der Matrizenaufgaben durch einen eigens dafür entwickelten Itemgenerator unterstützt. 

 

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Prof. Dr. André Beauducel

Seit 2011 Professor für Psychologische Methodenlehre, Psychologische Diagnostik und Evaluation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Intelligenzstrukturforschung, Persönlichkeitstraits sowie exploratorische und konfirmatorische Faktorenanalyse.

Prof. Dr. Burkhard Brocke

Seit 2008 Prof. em. 1993–2008 Professor für Differentielle und Persönlichkeitspsychologie an der Technischen Universität Dresden. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Neurogenetik individueller Unterschiede, Neurobiologie positiver und negativer Emotionalität sowie neuronale und molekulargenetische Grundlagen der Emotionsverarbeitung.

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